Empfänger unbekannt – Retour à l’expéditeur

aus: Hans Magnus Enzensberger: Kiosk. Neue Gedichte, Frankfurt am Main 1995


Vielen Dank für die Wolken.

Vielen Dank für das wohltemperierte Klavier

und, warum nicht, für die warmen Winterstiefel.

Vielen Dank für mein sonderbares Gehirn

und für allerhand andre verborgne Organe,

für die Luft, und natürlich für den Bordeaux.

Herzlichen Dank dafür, dass mir das Feuerzeug nicht ausgeht,

und die Begierde, und das Bedauern, das inständige Bedauern.

Vielen Dank für die vier Jahreszeiten,

für die Zahl e und für das Koffein,

und natürlich für die Erdbeeren auf dem Teller,

gemalt von Chardin, sowie für den Schlaf,

für den Schlaf ganz besonders,

und, damit ich es nicht vergesse,

für den Anfang und das Ende

und die paar Minuten dazwischen

inständigen Dank,

meinetwegen für die Wühlmäuse draußen im Garten auch.

Rose-rot

„Haben wir nicht alles Gott zu danken“

Großer gnädiger Gott, gepriesen sei dein Name,
Wir danken Dir für das Universum und für die Sterne nah und fern,
Wir danken Dir, Gott, für das strahlende Licht und auch für die Ruhe der Nacht.
Wir danken Dir für die wärmende Sonne und für alle kühlende Luft.
Wir danken für wunderbare Täler und Berge und gewaltige Flüsse und Meere.
Wir danken für so viele Pflanzen und Tiere und für die vielen Wunder Deiner Natur.
Wir danken Dir, Gott, für Speise und Trank und für all das was uns nährt und stärkt.
Wir danken für die Hoffnung und die Zuversicht.
Wir danken für unseren Geist und den Leib, für unser Gefühl und das Herz
Wir danken für jede gute Tat und das ertragene Leid.
Wir danken Dir für das Leben auf Erden und für das Leben im Himmel.
Wir danken Dir, Gott, für die Menschen, für alle Kleinen und die Stillen.
Wir danken für die großen Friedenstifter und die Propheten der Gerechtigkeit.
Wir danken für Liebe, die wir empfangen und für Liebe, die wir schenken dürfen.
Vor allem aber danken wir für Dich, Du „Ich bin da für Euch“.
Wir danken für Deine Güte und deine Liebe, für deinen Frieden und Schalom.
Wir danken Dir, Gott, für Jesus, unseren Bruder, für sein Evangelium, die gute Nachricht.
Wir danken für sein Leben unter uns, für sein Sterben und Auferstehen.
Ja Gott, wir danken und staunen und freuen uns.
Amen.

P. Theo Schmiedkunz SJ / Peter Brummer

Rose-rot

Am Ende die Rechnung

Einmal wird uns gewiß
die Rechnung präsentiert
für den Sonnenschein
und das Rauschen der Blätter,
die sanften Maiglöckchen
und die dunklen Tannen,
für den Schnee und den Wind,
den Vogelflug und das Gras
und die Schmetterlinge,
für die Luft,
die wir geatmet haben,
und den Blick auf die Sterne
und für die Tage,
die Abende und die Nächte.
Einmal wird es Zeit,
dass wir aufbrechen und bezahlen.
Bitte die Rechnung.
Doch wir haben sie ohne den Wirt gemacht:
Ich habe euch eingeladen,
sagt der und lacht,
soweit die Erde reicht:
Es war mir ein Vergnügen!

Aus: Lothar Zenetti, Sieben Farben hat das Licht. Worte der Zuversicht.
Matthias Grünewald
Verlag 2000

Rose-rot

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Von Hermann Hesse

Rose-rot

Wachse, Jesus, wachse in mir:

in meinem Geist, in meinem Herzen, in meiner Vorstellung, in meinen Sinnen.
Wachse in mir mit deiner Milde, mit deiner Reinheit, mit deiner Demut, wachse in mir mit
deinem Eifer und deiner Liebe.
Wachse in mir mit deiner Gnade, mit deinem Licht und mit deinem Frieden.
Wachse in mir zur Verherrlichung deines Vaters, zur größeren Ehre Gottes! Amen.

Pierre Olivaint

Rose-rot

Das Gebet mit den Psalmen – als tägliches Geleit

Der Herr ist mein Hirte,
nichts wird mir fehlen.
Er lässt mich lagern auf grünen Auen
und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.
Er stillt mein Verlangen;
er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen.
Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht,
ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir,
dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht.
Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde.
Du salbst mein Haupt mit Öl,
du füllst mir reichlich den Becher.
Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang,
und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit.

Psalm 23

Abschluss-besondere-Gebete-exte

„Die Dankbarkeit ist ein bedeutender Weg zum Glücklichsein“, sagt uns eine alte Weisheit. Dankbar?
– obwohl das Leben nicht einfach ist mit allen Sorgen und Problemen und die haben in diesem Jahr der Covid-Pandemie doch deutlich zugenommen. Und doch – auch die Dankbarkeit ist größer geworden, weil eben nichts selbstverständlich ist!

„Seid dankbar…“ für´s tägliche Brot, für die Fülle der Nahrungsmittel und für alle Menschen, die durch ihren Beruf uns dazu verhelfen.
„Seid dankbar…“ für alle Lebensmittel, also für all das, was uns leben lässt und Geist, Herz und Seele nährt, also auch für die Menschen, für Nähe und Zuwendung, für Liebe und Sorge, für Anteilnahme und Hilfsbereitschaft.
„Seid dankbar…“ für die Natur vor der Haustür, für den See, für den weiten Blick nach Süden hin zur schneebedeckten Benediktenwand.
„Seid dankbar…“ Man kann das ja nicht einfach anordnen. Vielleicht muss sich mancher Knoten erst lösen, damit wir aufatmen können mit einem erleichterten „Gott sei Dank“.
Papst Franziskus sagt uns, drei Worte soll jedes Kind bereits lernen: Danke, Bitte, Verzeihung. Diese drei Schlüsselworte ergänzen und erfüllen sich gegenseitig.
„Seid dankbar…“ schließlich auch eine Einladung für unseren Umgang mit den Verstorbenen – nicht nur an Allerheiligen – weil wir ihnen verbunden bleiben dürfen über den Tod hinaus in Dankbarkeit und Liebe.
Wir wissen: die Liebe ist stärker als der Tod – die menschliche Liebe, so verletzlich und doch stark, mutig, geduldig und versöhnlich … Wie viel mehr gilt dies für die Liebe Gottes durch Jesus Christus.

(Peter Brummer im Jahr 2020)